In wertvollen Sandbiotopen ist Rücksicht geboten

Im Rahmen des NABU-Projektes Lebensader Oberrhein wurde vor einigen Jahren eine Dünenkuppe im Gewann Franzosenbusch dauerhaft freigelegt. Viele Waldbesucher kennen das Gebiet, dass sich seither gut entwickelt hat. Neben seltenen Pflanzen haben sich hier besonders Wildbienen und Grabwespen angesiedelt. Das große Plakat, das anfangs auf die Maßnahmen und schützenswerten Arten hinwies, war leider nicht von Dauer.

Vielleicht nehmen deshalb einige Waldbesucher wenig Rücksicht auf diesen besonderen Lebensraum und seine Bewohner. Als zuständiger ehrenamtlicher Naturschutzdienstmitarbeiter bin ich regelmäßig in den hiesigen Sandbiotopen unterwegs und habe auf dieser Dünenkuppe schon öfter Müll, Glasflaschen, wie auch Reste von Lagerfeuern vorgefunden. Häufig werden von Besuchern Löcher im Sand gegraben oder improvisierte Holzzelte oder Installationen aus Kiefernborke und ausgerissenem Silbergras gebaut.

Der NABU bittet darum, Rücksicht zu nehmen und dieses aufwändige Projekt nicht zu gefährden.

Im Sandboden überwintern die Puppen verschiedener seltener Bienen und Grabwespen. Das Silbergras befestigt die Dünenkuppe.

Die Holzzelte können wiederum andere Besucher zu neuen Feuerstellen animieren. Bisher ging alles gut, doch hatten wir schon wieder einen viel zu trockenen März, sodass Feuerstellen im Wald durchaus gefährlich werden können.

Wenn Sie die Kuppe im Franzosenbusch oder andere Projektgebiete in der Hardt besuchen, nehmen Sie Rücksicht, lassen Sie bitte Ihre Hunde nicht frei laufen oder im Sand graben. Beobachten Sie doch einmal aufmerksam, was dort alles an Lebewesen zu finden ist, vielleicht entdecken Sie Gottesanbeterinnen, den Bienenwolf, die Große Kreiselwespe oder die Große Wollbiene.

 

Für den Naturschutzdienst

Peter Weiser


Müll im Naturschutzgebiet

Für ein Projekt zur Kartierung von Arten hatte unser Mitglied Peter Weiser als Naturschutzwart die Erlaubnis der Naturschutzbehörde, den umzäunten Teil der Düne Pferdstrieb zu begehen. Was er dort fand war, neben Sandsteinkraut, Steppenwolfsmilch, Mauerpfeffer und vielen weiteren typischen Dünenpflanzen, auch wieder einiges an Müll. Das meiste an einer Stelle, wo der Zaun durchhängt und ein Gebüsch entfernt worden war. Die große Tüte füllte sich schnell mit Plastikflaschen, Getränkedosen, Folien, Flachmännern, Kunststoffbehältern und sonstigem Verpackungsmüll. Die Teile befanden sich in verschiedenen Stadien der Verrottung - bis hin zu Mikroplastik. Nachdem er alles eingesammelt hat, bittet der Naturschutzwart nun darum, keinen Müll mehr über den Zaun des Naturschutzgebietes zu werfen.


Beobachtet und dokumentiert: Offensand wird besiedelt

Der Sandhausener Biologe Dr. Peter Weiser ist ehrenamtlicher Naturschutzwart und NABU-Aktiver. In der Ausgabe 78 der Carolinea, dem Jahresband des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe, hat er einen Beitrag über die Erfolge des Projektes Lebensader Oberrhein in der Schwetzinger Hardt veröffentlicht. Er hat die Projektgebiete Saupferchbuckel und Franzosenbusch über mehrere Jahre regelmäßig besucht und Flora und Fauna dokumentiert. Die Entwicklung der Gebiete verlief bemerkenswert positiv und zeigt eindringlich, wie schnell offene Sandlebensräume von Pflanzen und Tieren besiedelt werden. Nachdem am Saupferchbuckel Rechgut mit Samen von der benachbarten Pferdstriebdüne Sandhausen verteilt wurde, hat sich hier in kurzer Zeit eine prächtige Sandrasenvegetation entwickelt. Inzwischen kommen seltene Wildbienen und Grabwespen vor, so die Sand-Steppenbiene, die Bunte Maskenbiene, Blattschneiderbienen und Kegelbienen, die Große Kreiselwespe oder die Heuschrecken-Sandwespe. Auch auf weiteren Gebieten der Gemarkung Walldorf sind in den letzten Jahren wertvolle und artenreiche Offenbereiche entstanden, die für die Biodiversität in der Schwetzinger Hardt eine echte Bereicherung darstellen. In der Zukunft wird es wichtig sein, mit geeigneten Maßnahmen eine Verbuschung der Projektgebiete zu verhindern.

Text und Fotos: Peter Weiser


Seltene Grabwespe in der Schwetzinger Hardt

Der Biologe und Naturschutzwart Peter Weiser aus Sandhausen konnte in den letzten Jahren in den Sandgebieten bei Walldorf und Sandhausen sehr häufig die Heuschrecken-Sandwespe nachweisen. Diese größte einheimische Grabwespe jagt zur Versorgung ihres Nachwuchses Langfühlerschrecken. Viele Jahrzehnte galt sie in Deutschland als ausgestorben. Wie er in einer aktuellen Veröffentlichung (Beobachtungen zu Vorkommen und Biologie der Heuschrecken-Sandwespe Sphex funerarius (Gussakovskij 1934) auf den Binnendünen bei Sandhausen und Walldorf (Hymenoptera: Sphecidae). - Mitteilungen der POLLICHIA 100: 157-169, 12. Nov. 2020) zeigen konnte, hat sich diese Grabwespe wohl im Zuge der Klimaerwärmung bei uns wieder angesiedelt. Wahrscheinlich profitiert die Grabwespe von der Ausbreitung und Häufigkeit ihrer Beutetiere, die von höheren Temperaturen und trockenen Sommern profitieren. Diese Befunde sind ein Beispiel für die vielfältigen Änderungen in der natürlichen Umwelt, die durch die Klimaerwärmung verursacht werden. Das (Wieder)-Einwandern mediterraner Arten bereichert unsere einheimische Fauna, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Insekten als systemrelevante Arten bei uns große Bestandseinbrüche erleben, wie wissenschaftliche Studien der letzten Jahre eindringlich zeigen. Auf den Sandböden der Schwetzinger Hardt finden Wildbienen und Grabwespen anscheinend noch gute Lebensbedingungen vor.


Meinungsäußerung...

 

…. auf einem brandneuen Schild am Rand des Entwicklungs-Naturschutzgebietes Brühlwegdüne.

 

Als Naturschutzwart und NABU-Aktiver bin ich erst einmal etwas angefressen, als ich die Meinungsäußerung auf dem brandneuen Schild am Rand des Entwicklungs-Naturschutzgebietes lese. Beim anschließenden Spaziergang durch das Gebiet kann ich dann doch etwas besser verstehen, was den Schreiber oder die Schreiberin zu diesem Kommentar veranlaßt hat.

 

Das Entwicklungs-Naturschutzgebiet Brühlwegdüne wurde am 15. September 2020 durch die Unterschrift der Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder offiziell eingerichtet. Dem gingen langjährige Planungen voraus, und das NSG hat gewissermaßen einen langen Streit um den Rückbau der L600 nördlich von Sandhausen beendet.

 

Wald ist den Deutschen fast so heilig wie das Auto, fällt mir als Erstes ein – der Inbegriff von Natur (der Wald, nicht das Auto). Nicht erst seit Corona kann man erleben, dass der Wald vielfältig genutzt wird: von Spaziergängern, Joggern, Mountainbikern, Reitern, Hundebesitzern, und auch Jäger werden hier gelegentlich beobachtet. Große Aufregung wenn Bäume gefällt werden, und dann auch noch für ein Naturschutzgebiet?

 

Wald wird also mit Natur assoziiert, obschon bei uns praktisch keine natürlichen Wälder vorkommen, sondern nur wirtschaftlich genutzte Forste. Bäume werden genutzt, und das auch, wenn kein Naturschutzgebiet geplant ist. Wälder werden zu verschiedenen Zwecken genutzt und benutzt – und wenn der Mensch hier etwas nutzt, ist es in der Regel nichts Natürliches. In unseren Wäldern leben zwar noch einige wenige Säugetierarten, manche tun das nur, weil sie bejagt werden sollen. Ein natürliches Ökosystem hingegen ist schon lange verloren gegangen, denn in Waldlandschaften würden normalerweise verschiedene Großsäuger und ihre Prädatoren vorkommen: Auerochsen, Wisente, Hirsche, Wölfe, Bären, Luchse. Diese Art von Natur ist schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr mit dem Menschen kompatibel. Bleiben bei den Wildtieren noch die Vögel, die ja nach allgemeiner Auffassung in den Wald gehören. Tatsächlich kommen viele Vogelarten auch mit unseren Wirtschaftswäldern zurecht, aber die Artenvielfalt ist auch hier eher überschaubar. Und genau betrachtet ist auch die Artenvielfalt der Gehölze in den Waldgebieten nördlich der Alpen nach der letzten Eiszeit überschaubar geblieben. In Nordamerika gibt es mehr Eichenarten als in Mitteleuropa Baumarten insgesamt.

 

In und um Sandhausen gibt es jedoch seit jeher Dünenlandschaften, die erstaunlicherweise zu den vielfältigsten und artenreichsten Lebensräumen gehören, über die unser Land verfügt. Populär waren sie nie, denn die Faszination erschließt sich erst bei genauer Betrachtung, und die Steppenrasen bieten dem auf wirtschaftliche Nutzung bedachten Menschen zunächst einmal wenig.

 

Aber um genau diesen Lebensraum geht es beim NSG Brühlwegdüne. Große Teile der einst ausgedehnten Sandlandschaften sind inzwischen verloren gegangen, überbaut, von den Wäldern der sogenannten Hardtplatten bedeckt, landwirtschaftlich genutzt oder in Straßen umgewandelt. Das wertvollste Naturschutzgebiet in Sandhausen, die Pferdstriebdüne, ist mittlerweile vom Ort nahezu komplette umwachsen.

Auf Sand-Steppenrasen kommen nicht nur zahlreiche seltene Pflanzen vor, hier siedeln sich auch in großer Vielfalt Wildbienen und Grabwespen sowie viele andere Insekten an. Einige unserer seltensten Vogelarten fühlen sich in lichten Wäldern mit offenen Sandflächen besonders wohl, so die Heidelerche, der Gartenrotschwanz, der Wendehals, der Wiedehopf und der Ziegenmelker.

 

Natürlich wird hier der Wald nicht auf einen Schlag komplett entfernt. Tatsächlich wird es eine Transformation in eine vielfältige Landschaft mit offenen Bereichen und lichten Kiefernwäldern sein, für die man mindestens zwei Jahrzehnte veranschlagt hat.

 

Es mag befremdlich erscheinen, wenn man nicht etwas schützt, was schon vorhanden ist, sondern eine vorhandene Fläche mit den geologischen Voraussetzungen aufwändig in ein wertvolleres Gebiet verwandeln möchte. Tatsächlich ist es aber ein wichtiger Schritt in Richtung eines anderen Umgangs mit der lebenden Umwelt.

 

Ferner wird dadurch auch geltendes EU-Recht umgesetzt, denn Baden-Württemberg verfügt zum Glück noch über Naturschätze, die als so wichtig erachtet werden, dass das Land eine besondere Verantwortung dafür hat. Ein Beispiel ist die Graue Skabiose (Scabioa canescens), die in unseren Naturschutzgebieten vorkommt, und deren Lebensraum sich dadurch erweitern lässt. Daneben sind besonders die Wildbienen von großer Bedeutung – ein großer Teil der in Deutschland vorkommenden Wildbienen nistet in selbstgegrabenen Höhlen in Sandboden.

 

Der Spaziergang an diesem Oktobertag kurz nach der Einweihung des NSG führt mich auch in Bereiche, in denen tatsächlich schon schwere Maschinen unterwegs waren. Dort sieht es wüst aus, und natürlich sind auch Bäume gefallen, die bereits ein beträchtliches Alter hatten. Das tut dem Besucher des Waldes weh, und auch ich sehe es immer mit Wehmut, wenn große alte Bäume gefällt werden. Gleichzeitig kann man aber auch deutlich sehen, dass an vielen Stellen die Kiefern schon sehr vereinzelt stehen und sich in einem schlechten Zustand befinden. Darunter findet sich bisweilen nur strauchartiges Unterholz.

 

Der Naturschutzwart würde sich an manchen Stellen eine andere Vorgehensweise wünschen: Identifikation wertvoller Bäume (Eichen, Rotbuchen), die dann behutsam freigestellt werden, um nicht im nächsten heißen Sommer durch zu viel Sonne im Mitleidenschaft gezogen zu werden; gezielteres Entfernen von Bäumen, die nicht zur mitteleuropäischen Flora gehören, z.B. Roteichen und Robinien. Am östlichen Abfall zu den Schrebergärten sollten die Bäume eigentlich stehen bleiben, gerade dort stehen auch die interessanteren alten Exemplare. Bei dem Erhalt eines lichten Kiefernwaldes sind Zweifel erlaubt. Die Kiefern sind in keinem guten Zustand, und genau genommen gehören auch Kiefern nicht zur typischen natürlichen Vegetation auf Sandrasen. – Das Konzept der artenreichen lichten Kiefernwälder bringt zwar sogenannte Ökopunkte, doch der Klimawandel lässt den Kiefern auf den trockenen Sandrasen kaum eine Chance.

 

Die ersten Erfolge auf den Versuchsflächen des NABU Projektes Lebensader Oberrhein in der Schwetzinger Hardt zeigen auf, dass es tatsächlich in kurzer Zeit möglich ist, neue offene Sandflächen mit großem Artenreichtum zu schaffen.

 

Hier und auf meinem Dünen-Blog www.duene-sandhausen.de - werde ich auch weiter über die Entwicklung der Brühlwegdüne berichten.

 

Peter Weiser


Bei der Beweidung behutsam vorgehen

Die vierbeinigen Landschaftspfleger im Naturschutzgebiet Pflege Schönau sind auf die andere Seite des Weges gewechselt und weiden nun den schmalen Streifen Sandrasen, die Büsche am Hang und die vorgelagerte Wiese ab. Zwischen zahlreichen Ziegen finden sich nun auch zwei White Galloways mit weißem Fell und schwarzen Ohren.

 

Hier können die Tiere auch länger stehen, erklärt Jost Armbruster, der beim Regierungspräsidium Karlsruhe für die Sandhäuser Schutzgebiete zuständig ist, auf Anfrage. „Insgesamt haben wir jetzt mehr Möglichkeiten, zu steuern.“ Optimal sei es, wenn man die Sandrasen kurz und intensiv beweidet und die kargen Flächen dann lange in Ruhe lasse, erläuterte er.

Peter Weiser engagiert sich im ehrenamtlichen Naturschutzdienst und hatte die Beweidung bereits im Vorjahr kritisch begleitet. „Der Sandrasen darf nicht isoliert betrachtet werden. Er ist in das Waldgebiet eingebunden, alles zusammen ergibt das Potential für eine große Artenvielfalt“, betont er. „Insekten, darunter auch Wildbienen, brauchen ein reiches Angebot an Blütenpflanzen, um Nektar und Pollen zu finden. Weder der geschlossene Hardtwald noch die angrenzende landwirtschaftliche Monokultur geben dafür genug her.“

 

Seine Bedenken und Beobachtungen teilt er der Behörde regelmäßig mit. So sei die Wiese neben dem Naturschutzgebiet Pflege-Schönau reich an Pflanzen, die kurz vor der Blüte stehen – sie dürfe nicht zu früh beweidet werden. Dazu beobachtet er: Auf den Sandrasen, die durch die anhaltende Trockenheit ausgedörrt sind, gibt es deutlich weniger Blüten als in den Vorjahren. Neben der Dach-Trespe dominieren vorjährige Steppenroller (bekannt aus Wildwest-Filmen) den Aspekt, beide könnten von der Beweidung zu sehr profitieren. „Ziegen klettern auf Bäume“, weiß der Biologe. Der Flieder werde das nicht überleben und die Maulbeerbäume, ein wertvolles Kultur-Relikt, würden in Mitleidenschaft gezogen. Zwei junge Kiefern, die frei standen und bis zum Boden Zweige trugen, seien im vergangenen Jahr untenrum bereits abgefressen worden. Wenn das Gelände noch mehr geöffnet wird, sieht Weiser die Gefahr, dass der Publikumsverkehr weiter zunimmt. Dazu bemerkt er: „Ich sehe den Dünen-Sandlaufkäfer inzwischen häufiger auf Sandflächen außerhalb der Naturschutzgebiete als auf dem Weg durch das Gebiet.“

 

Geplant ist auch eine Beweidung im Naturschutzgebiet Pferdstriebdüne-Süd. Jahrzehnte jäteten hier Schüler unter der Aufsicht des Geologen Manfred Löscher „Unkraut“. Laut Armbruster ist eine sparsame Beweidung vorgesehen, das Gebiet werde parzellenweise durch mobile Zäune abgeteilt. Zur Umgehungsstraße hin wurde ein fester Wildschutzzaun aufgestellt, um ein Ausbrechen der Tiere auf die Straße zu verhindern. Auch der Dünenfuß mit seinem wertvollen Sandrasen soll an die Reihe kommen.

 

Jochen Bresch, Geschäftsführer der ausführenden Herbana GmbH, hat ein Gesamtkonzept für die Beweidung der Dünengebiete in der Region erstellt. Er hat Flächen im Kraichgau sowie bei Speyer und Bruchsal, auf die er bei Bedarf ausweichen kann. Seine Ziegen waren zuletzt auf dem Dreieichenbuckel in Oftersheim im Einsatz. Weiser hatte auf vereinzelte Vorkommen von Sandstrohblume, Ästiger Graslilie, Dünen-Steinkraut und Kegelfrüchtigem Leimkraut hingewiesen, die er durch die Beweidung wegen ihrer geringen Individuenzahl bedroht sieht. „Dass es auch Zielarten trifft lässt sich nicht vermeiden“, entgegnet Bresch. Insgesamt erwarte er eine Förderung der typischen Dünenpflanzen. Immerhin handle es sich bei den Sandrasen um an Beweidung angepasste Arten.

 

Nicht beweidet wird jedenfalls das mit einem Maschendraht umzäunte und nicht zugängliche Teilstück Pferdstrieb-Nord. Die stabile Vegetation auf dem kalkhaltigen Sandboden soll geschont werden „Das ist das Highlight überhaupt, da muss man sehr aufpassen. Es reicht, wenn wir alle paar Jahre Gehölz rausnehmen und alle zig Jahre etwas Boden abschieben“, so Armbruster.

 

Sabine Hebbelmann

 


Radeln zu den Dünen

Die Teilnehmenden am "Stadtradeln mit dem NABU“ führte Gerhard Mayer dieses Mal in die Sandhäuser Dünen, wo die Gruppe vom zuständigen Naturschutzwart Peter Weiser in Empfang genommen wurde. Im Naturschutzgebiet „Pflege Schönau“ zeigt Weiser an den trockenen Standort angepasste Arten und wie für diese Platz und Licht geschaffen wird. Der nächste Stopp ist der Alte Friedhof in Sandhausen. Die Gräber werden weniger, dafür dehnt sich magerer Sandrasen aus. „Mancher legt sich einen Steingarten an, hier kommen Mauerpfeffer und Felsen-Fetthenne natürlich vor“, bemerkt der Biologe und macht aufmerksam auf weitere typische Dünenpflanzen wie Hasenklee und Zwerg-Schneckenklee. Auch einige Rosetten der streng geschützen Sand-Silberscharte sind zu sehen. Die Tatsache, dass die seltene Pflanze hier offensichtlich gedeiht deute auf kalkhaltigen Boden hin. Wenn in wenigen Jahren die letzten Gräber verschwunden sind, könnte er sich vorstellen, dass der Alte Friedhof erhalten und behutsam umgestaltet werden könnte. Er wünscht sich hier einen Dünen-Lehrpfad, auf dem man aus der Nähe sehen kann, was fernab der Wege in den Naturschutzgebieten der Sanddünen alles wächst.

Und schon wartet die nächste Etappe: In der Verlängerung der Brühlstraße führt der Brühlweg durch den Wald und setzt sich jenseits der Umgehungsstraße L 598 Richtung Süden fort. Alles was links davon liegt gehöre zum geplanten Naturschutzgebiet Brühlwegdüne, erklärt Weiser. Hier soll der Wald aufgelichtet werden und neuer Sandrasen entstehen.

Letztes Ziel war die ehemalige Sandgrube Zugmantel-Bandholz, wo zuletzt zugunsten von offenem Sand auch Büsche und ein Wäldchen weichen mussten.

Am Ende konnte jeder Radler aus Walldorf rund 15 Kilometer zum Ergebnis beitragen.

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Stadtradeln zu den Sandhäuser Dünen

Wir beteiligen uns wieder an der Stadtradel-Aktion der Stadt Walldorf, dieses Mal mit einem Abstecher nach Sandhausen. Dienstag, den 4. Juni, starten wir um 17.30 Uhr beim SBK-Parkplatz Richtung Sandhausen. Dort werden wir um 18 Uhr auf dem Parkplatz beim Waldfriedhof von dem ehrenamtlichen Naturschutzwart Peter Weiser erwartet, der uns einen Einblick gibt in die Entstehungsgeschichte und die besondere Flora und Fauna der Sandhäuser Dünen. Insgesamt wird mit dem Fahrrad eine Strecke von ca. 15 km zurückgelegt.


Platz für Sand-Strohblume und Steppenbiene - Andre Baumann informierte über die Brühlwegdüne

Von dem geplanten Naturschutzgebiet Brühlwegdüne, einem 32 Hektar großen Gebiet in der südlichen Verlängerung des Naturschutzgebiets Pferdstrieb, hatte man lange nichts gehört. Andre Baumann stellte auf Einladung der Alternativen Liste Sandhausen die Ausgleichsmaßnahme vor. Damals noch als Landesvorsitzender des NABU und Spezialist für die Sandbiotope der Region hatte er an dieser Kompromisslösung, die den Rückbau der L 600 verhinderte, maßgeblich mitgewirkt. Die Tour startete bei der Pferdstriebdüne Süd, die Baumann als eines der wertvollsten Naturschutzgebiete Baden-Württembergs bezeichnete. Hier ist zu sehen was jenseits der Umgehungsstraße erst noch entstehen soll: Magere Sandrasen mit selten gewordenen Arten wie Sand-Strohblume und Silberscharte zwischen lichten Kiefernbeständen. Er erzählt auch von der winzigen Sand-Steppenbiene, die als Dünenspezialistin von der Erhaltung ihres Lebensraumes abhängt und in Deutschland vom Aussterben bedroht ist.

„Hier gibt es nur Allerweltspflanzen“, sagt Baumann, als die Gruppe schließlich auf dem bewaldeten Dünenzug mitten im geplanten Naturschutzgebiet steht. Dass hier 15 Hektar Sandrasen und 15 Hektar lichte Kiefernwälder entstehen sollen sei vom Landtag beschlossen und in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag festgehalten worden, betonte er. Hier werde Platz geschaffen, damit sich die Sandrasen-Arten von den benachbarten Naturschutzgebieten ausbreiten können. Demnächst soll das Projekt in die Offenlage gehen. Dabei werde auch der NABU beteiligt.

Bisher wird ein Naturschutzgebiet ausgewiesen, wenn es um den Erhalt schutzwürdiger und schutzbedürftiger Arten geht. Hier in Sandhausen entsteht laut Baumann nun etwas ganz Neues: Das erste Entwicklungsnaturschutzgebiet Deutschlands.

Nicht von heute auf morgen, sondern in zwei Etappen und über einen längeren Zeitraum soll das Gebiet entwickelt werden. 7 bis 8 Hektar bis 2025 und weitere 7 bis 8 Hektar bis 2035 werden für Sandrasen freigestellt. Das soll dann nicht so aussehen wie auf dem umzäunten Teil Pferdstrieb-Nord, wo kaum ein Baum steht, sondern eher wie auf dem südlichen Teilstück, das auch als „Löscher-Düne“ bekannt ist. „Einzelne Bäume bleiben stehen als Sonnenschirm für die Sand-Strohblume“, so der Biologe.

Ein Jogger kommt vorbei, Anlass für Baumann zu betonen, dass die Freizeitnutzung hier weiterhin möglich sein wird.

„Dies wird der Zebrastreifen für die Sand-Steppenbiene, der von der Pferdstriebdüne Süd über Trittsteine zum Naturschutzgebiet Zugmantel-Bandholz führt“, beschreibt der Biologe den geplanten Lebensraumverbund. Die Idee für diese Lösung stamme von Armin Jendrysik, Projektleiter des Artenschutzprojektes "Sandrasen" in der Geschäftsführung des NABU-Bezirksverbands Rhein-Neckar-Odenwald, der ebenso wie Geschäftsführerin Christiane Kranz, Wolfgang Högerich, Vorsitzender des NABU-Ortsverbands Walldorf-Sandhausen sowie Naturschutzwart und NABU-Mitglied Peter Weiser an der Führung teilnimmt.

(Weitere Infos siehe Einladung unten)


Mit Andre Baumann zur 'Brühlwegdüne'

 Die Alternative Liste Sandhausen lädt ein zu einer politisch-naturkundlichen Führung durch die Sandhausener Dünen am 8. Mai um 18 Uhr. Treffpunkt ist um 18 Uhr auf dem Parkplatz bei der Pferdstriebdüne (verlängerte Seegasse).

 

Die Exkursion leitet Naturschutzexperte Andre Baumann, Vorstandsmitglied des Grünen Kreisverbands Kurpfalz Hardt. Die Sandhausener Dünen gehören zu den wertvollsten Naturschutzgebieten Süddeutschlands: Unzählige Tier- und Pflanzenarten, die auf den wüstenartigen Sandrasen vorkommen können, haben ihr wichtigstes Vorkommen in Süddeutschland in Sandhausen. Sandhausen hat nach Ansicht der Alternativen Liste Sandhausen eine besondere Verantwortung für diese einzigartigen Lebensräume. „Der Schutz der Bienen beschäftigt ganz Deutschland. Manche der in Deutschland lebenden Wildbienenarten können nur in Sandhausen effektiv geschützt werden“, heißt es in der Veranstaltungsankündigung der Alternativen Liste Sandhausen.

 

Es ist schon wieder einige Zeit her, dass der Streit um den geplanten Rückbau der L 600 die Gemüter erhitzte und den Landtag in Stuttgart über Jahre beschäftigte. Andre Baumann – damals war er noch Landesvorsitzender des NABU Baden-Württemberg – setzte sich mit viel persönlichem Engagement dafür ein, dass eine Lösung gefunden wurde: Die L 600 wird nicht zurückgebaut. Alternativ wird zum Schutz der Natur ein 32 ha großes Naturschutzgebiet auf der Brühlwegdüne neu ausgewiesen. In diesem neuen Naturschutzgebiet und im bestehenden Naturschutzgebiet „Pflege Schönau-Galgenbuckel“ werden umfangreiche Pflegemaßnahmen durchgeführt, damit seltenste Sand-Strohblumen und Sandbienen, Ödlandschrecken und Sand-Silberscharten für zukünftige Generationen geschützt werden. In der Exkursion geht es darum, wie die Gemeinde Sandhausen ihr besonderes Naturerbe schützen kann.

 

Der aus Schwetzingen stammende Andre Baumann ist ein ausgewiesener Kenner der Sandhausener Dünen. Der heutige Staatssekretär des Umweltministeriums Baden-Württemberg hat seinerzeit als NABU-Landesvorsitzender maßgeblich den „L 600-Kompromiss“ ausgehandelt. Zuvor war er Vorsitzender des NABU-Bezirksverbands, der bis heute mit einem hauptamtlichen Pflegetrupp insbesondere Sandrasen- und Binnendünenbiotope der Kurpfalz pflegt. Der promovierte Naturschutzbiologie engagiert sich seit knapp 25 Jahren für den Schutz von Sandrasen und Binnendünen in der Kurpfalz.

 


Eingriff dient dem Erhalt eines besonderen Lebensraums

 

Nabu-Gruppe informierte sich über Maßnahmen im Naturschutzgebiet Zugmantel-Bandholz

„Im ersten Moment haben wir einen Schrecken gekriegt.“ Besucher des Naturschutzgebietes Zugmantel Bandholz fragen, was denn in der ehemaligen Sandgrube los sei: Viele Bäume auf der Sohle der Sandgrube wurden entfernt und der Boden großflächig abgeschoben, so dass es tatsächlich recht wüst ausschaut.

Die Spaziergänger haben Glück, denn an diesem regnerischen Samstagvormittag im Dezember ist Pflegemanager Hanspeter Rausch für die Obere Naturschutzbehörde vor Ort, um die Maßnahme zu erläutern. Die Initiative für den Ortstermin ging vom Nabu Walldorf-Sandhausen aus, der sich über den massiven Eingriff informieren wollte. An der Begehung nehmen Mitglieder der Ortsgruppe, darunter der Vorsitzende Wolfgang Högerich und Naturschutzwart Peter Weiser sowie Christiane Kranz und Armin Jendrysik vom NABU Bezirksverband Rhein-Neckar-Odenwald teil.

 

Offenen Zustand wieder herstellen

Es sei wichtig, regelmäßig den ursprünglichen offenen Zustand wiederherzustellen, betont Rausch. Die Maßnahme hält er in diesem Umfang für notwendig, denn die wertvolle Niederungsfläche war verbuscht, es gab keine Verbindung zwischen dem südlichen und dem nördlichen Teilgebiet, der Humusaufbau war beträchtlich und die Beschattung für die lichtliebenden Arten zu groß. „Wir haben den Oberboden abgetragen und am Böschungsfuß abgelagert, die bewaldete Insel haben wir freigelegt“, so Rausch. Der Dünenbereich sollte vergrößert und eine Zufahrt geschaffen werden. Nun müsse mit Wiedehopfhacken nachgepflegt werden um die verbliebenen Robinienwurzelstücke zu entfernen.

Naturschutzwart Weiser bietet an, im Vorfeld größerer Maßnahmen über seine Beobachtungen und das Vorkommen schützenswerter Arten zu informieren. Er habe die Erlaubnis, im Gebiet zu kartieren. Rausch nimmt das Angebot gern an und schlägt vor, Pflöcke einzuschlagen um die Stellen für die ausführende Firma zu markieren.

 

Südlicher Bereich kommt nächstes Jahr an die Reihe

„Mit dem nördlichen Bereich haben wir erst die Hälfte von dem umgesetzt, was wir vorhaben“, berichtet Rausch. Im kommenden Jahr soll der südliche Dünenbereich verbreitert und eine Forstfläche in einen lichten Hutewald umgewandelt werden. Zwischen Offenland und Wald soll ein Übergang geschaffen werden.

Die Kritik an der Art und Weise wie das Gelände modelliert wurde, kann er nachvollziehen: „Das sieht ein bisschen aus wie Flurbereinigung im Kaiserstuhl.“ Wind und Wetter werden die Kanten noch eleganter verziehen, ist er überzeugt. Die umfangreiche Maßnahme konnte in Angriff genommen werden, da die Landesregierung mehr Geld für den Naturschutz zur Verfügung gestellt hat, so Rausch.

 

Aussichtsplattform wird ertüchtigt

Auch die Aussichtsplattform, oder besser gesagt das, was davon übrig ist, nimmt die Gruppe in Augenschein. Sie sei in einem schlechten Zustand und zu sehr exponiert, stellt der Biologe fest und hat bereits Pläne: „Wir wollen eine stabile Plattform bauen und mit hochwertigen Robinienstämmen einfassen.“ Dafür will er Stämme so weit in den Boden rammen lassen, dass sie noch einen Meter als Brüstung herausragen. Die Plattform soll etwas tiefer gelegt und dafür noch einen Meter vorgezogen werden. Die Gestaltung soll dazu beitragen, dass sich Vögel von den Besuchern nicht gestört fühlen.

 

"Sinnvoller Eingriff um die Lebensgemeinschaft in diesem Kleinod zu fördern“

In der Vergangenheit haben die Pflegemaßnahmen nicht ausgereicht, um die Verbuschung weiter Teile der ehemaligen Sandgrube zu verhindern - nun wird wieder ein Zustand hergestellt, der dem ursprünglichen Charakter entspricht, stellt Weiser fest. Eine regelmäßige Nachpflege werde nötig sein, um den offenen Zustand zu erhalten. Bis sich die erwähnten Arten erneut einstellen wird es wohl eine Weile dauern.

„Manch einem Besucher des Naturschutzgebietes mag die Maßnahme sehr drastisch erscheinen, und sicher kann man über Details der Vorgehensweise diskutieren, im Großen und Ganzen ist es aber eine sinnvoller Eingriff um die Lebensgemeinschaft in diesem Kleinod zu fördern“, so Weiser. Der örtliche Nabu werde die weitere Entwicklung verfolgen und über den Fortgang der Neubesiedlung berichten.

 

Hintergrund

Von der ursprünglichen Naturlandschaft am nördlichen Oberrhein mit allen Übergängen von nass bis trocken sind heute nur noch Relikte übrig. Darüber hinaus haben es Sekundärlebensräume wie Sand- und Kiesgruben einigen Arten ermöglicht, hier zu überleben.

Bevor das Gebiet Zugmantel-Bandholz 1985 als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde, war es eine weitgehend kahle Sandgrube, die bis unter den Grundwasserspiegel ausgebaggert war. Besiedelt war es von einer großen Zahl teilweise höchst seltener Arten, die offene Sandsteilhänge und Sandflächen in Verbindung mit flachen temporären Gewässern benötigen: Uferschwalben legten ihre Nester an steileren Abhängen an, Flussregenpfeifer brüteten auf Sandbänken, die grüne Strandschrecke oder verschiedene Dornschrecken hüpften umher, unzählige Laufkäfer, Ameisenlöwen, Wildbienen, Grabwespen und Spinnen lebten auf oder im Sand.

Nach dem Ende des Sandabbaus fehlte die nötige Dynamik. Daniel Raddatz, Leiter des Referat 56 ‚Naturschutz und Landschaftspflege‘ erklärt es auf Anfrage so: „Wie ein Wildfluss, der bei Hochwasser Gehölze wegreißt und neue Rohböden schafft, müssen wir mit Landschaftspflegemaßnahmen immer wieder eingreifen, um diese wertvollen Lebensräume zu erhalten.“ Im Zugmantel, so Raddatz weiter, existieren viele hochgradig gefährdete oder seltene Arten, die genau diese Dynamik brauchen – sowohl auf den trockenen Sandböschungen als auch im wechselfeuchten Bereich auf der Grubensohle. „Um die seltenen und konkurrenzschwachen Arten Westliche Dornschrecke, Salzbunge oder das Braune Zypergras auf der Abbausohle zu fördern, sind Bodenverwundungen erforderlich, die zwangsläufig auch andere Arten in diesen Bereichen schädigen“, erklärt er. Andernfalls würde das Gebiet schleichend an Wert verlieren.

 

Sabine Hebbelmann


Neues vom Saupferchbuckel

Seit er vor einigen Jahren gerodet und mit Schnittgut aus Naturschutzgebieten ‚geimpft‘ wurde, hat sich der Saupferchbuckel in der Schwetzinger Hardt bei Walldorf gut entwickelt. Fast alle Zielarten sind auf der größeren der beiden Dünenkuppen inzwischen vertreten und scheinen sich zu halten: Sand-Silberscharte, Dünen-Steinkraut, Silbergras, Blauschillergras, Sand-Thymian, Steppen-Wolfsmilch, Gelber Zahntrost, Schwalbenwurz, Berg-Haarstrang, Kleine Bibernelle.

Die Flächen sind aber auch für Überraschungen gut, denn neben den zu erwartenden Heuschrecken wie der Blauflügeligen Ödlandschrecke oder der Gefleckten Keulenschrecke wurde auf der kleineren Fläche auch die Grüne Strandschrecke gesichtet. Diese bis zu drei Zentimeter große Heuschrecke hat in Süddeutschland ihren nördlichsten Vorposten im Verbreitungsgebiet. Früher kam sie auf natürlichen Sandbänken in Flussauen vor. Diese ursprünglichen Lebensräume sind aber inzwischen allesamt verschwunden, so dass die Grüne Strandschrecke in Sekundärbiotopen wie Sand- und Kiesgruben eine Nische zum Überleben gefunden hat. Da sie sehr gut fliegen kann, können solche neuen Lebensräume recht leicht besiedelt werden. Die Biotope wachsen aber durch die natürliche Sukzession oft sehr schnell zu, weshalb die Grüne Strandschrecke weiterhin als streng gefährdet angesehen wird. Auf den offenen Sandgebieten der Sandhausener Dünen kommt diese attraktive Heuschrecke übrigens nicht vor.

Peter Weiser


"Ein Sandkasten für den Naturschutz"

 Oft sind es Zufälle, die zu neuen Erkenntnissen führen. So auch in Sandhausen, wo man vor vielen Jahren aufgrund eines Kabelbrandes gezwungen war, mitten im Naturschutzgebiet Pferdstriebdüne-Nord den Boden aufzugraben. Das Ergebnis: Dort wo gegraben worden war entwickelten sich genau die seltenen Arten, die man schützen wollte. Später hat man einen größeren Bereich mit der Moorraupe abgetragen und auch dort denselben Effekt erzielt.

 

Es war Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann, der diese Anekdote bei einem Pressetermin erzählte. Er konnte damit gleich zwei Aspekte veranschaulichen. Zum einen: Die Sanddünen sind dankbar, da sich die nötigen Bedingungen für hochspezialisierte Sandrasenarten relativ leicht herstellen lassen. Zum anderen:  Die Natur ist nichts Statisches und Störungen können unter Umständen zu mehr Artenvielfalt führen. Hieraus folgerte Baumann: „Wir müssen den Naturschutz flexibler machen.“ Die Binnendüne könnte dabei als „Sandkasten zum Experimentieren“ dienen und Sandhausen zum Vorbild für viele andere Standorte werden. Vor allem auch wegen der Lösung, die im Konflikt um Ersatzausgleichsmaßnahmen für den Rückbau der L 600 gefunden wurde. „Teil des Aushandlungsprozesses war, dass ein ganz neues Instrument geschaffen wurde: das Entwicklungsnaturschutzgebiet“, so Baumann. Sind es bisher besonders wertvolle und wichtige Biotope, die als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden, wird mit der Brühlweg-Düne erstmals ein Gebiet allein aufgrund seines Potentials unter Schutz gestellt.

 

Eigentlich war der Staatssekretär aber gekommen, um mit Eva Bell, Präsidentin der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), einen Erfolg des Artenschutzprogramms des Landes zu verkünden. Für die bedrohte Sand-Silberscharte sei die Ampel - die symbolisch für den Erhaltungszustand steht - in diesem Jahr auf gelb gesprungen, berichtete Böll und ergänzte, wie für fast jede vierte Art in Baden-Württemberg sei sie beim Bericht an die EU im Jahr 2013 noch auf rot gestanden. „Grün ist auch hier machbar“, betonte sie.

 Allein für den Teilbereich Nord habe man die stolze Zahl von 150 000 Rosetten der Silberscharte ermittelt, berichtete Rainer Mast vom Referat Artenschutz und Landschaftsplanung der LUBW. An den vier anderen Standorten in Deutschland gebe es insgesamt keine 40 000 Rosetten. „Dies ist eine ausreichend große und vitale Population, die eine genetische Verarmung nicht befürchten lässt und sich auch für Wiederansiedlungsprojekte eignet“, freute sich Mast. So verlaufe ein Ansiedlungsversuch auf der Pflege Schönau positiv. Dieser soll auf das Naturschutzgebiet Zugmantel-Bandholz und später auf die geplante Brühlweg-Düne ausgeweitet werden. Die Silberscharte sei eine ‚Schirm- und Charakterart‘, von ihrem Schutz profitiere der gesamte Lebensraum mit einer ganzen Reihe seltener und hoch spezialisierter Arten von denen allein 30 auf der Roten Liste stünden.

 

„Beim Fußball spielt Sandhausen in der zweiten Liga, bei den Dünen in der Champions League“, sagte Baumann. Die Pferdstriebdüne sei mit Abstand die wertvollste Binnendüne Süddeutschlands und zugleich eine Art lebendiges Heimatmuseum, das an die Kulturlandschaft zu Kurfürstens Zeiten erinnere. Während die Silberscharte einst in den Sandgebieten zwischen Mannheim und Speyer sehr verbreitet war gelte sie heute als eine der seltensten Pflanzenarten.

Gewürdigt hatte Sandhausens Bürgermeister George Kletti zuvor bereits das außergewöhnliche Engagement Manfred Löschers und des Friedrich-Ebert-Gymnasiums mit seinen Schülern, von denen einer als Berichterstatter beim Termin dabei war. Er verkündete, dass der pensionierte Lehrer als ‚Dünenputzer‘ am Vortag offiziell in den Ruhestand gegangen war.

 

Löscher habe nicht nur mit den Schülern die Düne offen gehalten, sondern auch wissenschaftliche Untersuchungen über die Umschichtung der Dünensande durchgeführt und auf dem Schuldach des Gymnasiums Keimversuche mit Samen der Silberscharte durchgeführt, ergänzte Baumann. „Hier bin ich als Kind fast täglich gewesen“, erinnerte sich Bürgermeister Kletti beim Betreten des eingezäunten Dünenteils. Als Baumann erläuterte, wie förderlich es sei, hin und wieder die Moos- und Humusschicht abzutragen und offene Sandstellen zu schaffen, fragte Kletti: „Sollte man nicht mal die Mannschaft des SV Sandhausen zum Lauftraining hinein lassen?“

 

Baumann war gar nicht abgeneigt. „Stillstand ist das Todesurteil und Störungen wichtig“, sagte er. Sie sollten aber kontrolliert geschehen. Dem Bürgermeister gab er auch noch eine Anregung mit. Vor zwei Jahren habe man hier ein Robinienwäldchen samt Wurzeln ausgebaggert. Er deutete auf den Gemeindewald auf der anderen Straßenseite und sagte: „Die Robinie ist bestes Kurpfälzer Teakholz. Es wäre es gut wenn man sie wegnutzt so dass die Samen nicht mehr ins Naturschutzgebiet wehen können.“

 

Sabine Hebbelmann


Dünenexkursion mit Staatssekretär Baumann

Fast fünfzig Interessierte sind der Einladung des Grünen Kreisverbandes Kurpfalz-Hardt zu einer Exkursion mit Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann in die Sandgebiete zwischen Walldorf und Sandhausen gefolgt.

„Was für Ruanda der Berggorilla, ist für die Kurpfalz die vom Aussterben bedrohte Sand-Silberscharte“, bemerkt Baumann, dem als Schwetzinger und vormaligem Nabu-Landeschef die heimischen Sandbiotope

besonders am Herzen liegen. Das Land sei gegenüber der EU verpflichtet, bestimmte seltene Arten zu erhalten, „sonst gibt es einen Blauen Brief aus Brüssel.“

Dank gemeinsamer Anstrengungen von Land, Naturschutzbund (Nabu), Forst und Kommunen habe sich der Erhaltungszustand der Sandrasen auf Binnendünen verbessert - die Ampel sei von rot auf gelb gesprungen.

Kreisvorstandssprecher und Lehramtsstudent Maximilian Himberger leitet an der Waldschule in Walldorf eine Arbeitsgemeinschaft, welche die Naturschutzmaßnahmen auf dem nahen Maulbeerbuckel aktiv begleitet. Seine Schüler hat er zu kurzen Texten über die Dünen je ein Bild malen lassen und stellt nun das selbst gestaltete Spiel vor. „Wer hat Lust mitzumachen?“ fragt er und schickt - ganz Pädagoge - augenzwinkernd hinterher: „Ansonsten bestimme ich Jemanden.“ Auf zweigeteilten Karten findet sich auf einer Seite eines der Kinderbilder oder ein Foto, auf der anderen ein Text. Es gilt, diese „Dominosteine“ so zusammenzulegen, dass Bild und Text zusammenpassen.

 

„Aufpassen!“, ruft der angehende Lehrer auf dem Weg zum Sandbuckel plötzlich. Jemand hätte beinahe

auf die Rosette der Wohlriechenden Skabiose, getreten, eine streng geschützte Dünenpflanze, die im Sommer zartviolett blüht. „Hier muss man auf dem Weg bleiben, das sag ich auch immer meinen Schülern“, so Himberger. „Wir wollen von klein auf für die heimische Natur sensibilisieren“, ergänzt Lorenz Kachler,

Rektor der Waldschule.

Himberger informiert, dass demnächst ein Handlauf den Weg über den Maulbeerbuckel vorgibt und eine Tafel über schützenswertes informiert. Laut Forstbezirksleiter Sebastian Eick wird es auch den Hinweis geben, dass Hunde - besonders in der Brutzeit - an die Leine zu nehmen sind. Die Stadt Walldorf habe sich verpflichtet, das Gebiet nach Ablauf des Nabu-Projekts Lebensader Oberrhein in den forstlichen Revierdienst zu übernehmen und für die Erhaltung zu sorgen.

„Wir brauchen Flächen, auf denen die Natur Vorrang hat“, betont Baumann. Auch wenn sie nicht immer einsichtig sind - sprechen Sie Hundebesitzer an, die ihre Hunde im Naturschutzgebiet frei laufen lassen!“,

appelliert er an die Teilnehmer. „Je mehr das tun desto besser.“ Förster und Ehrenamtliche im Naturschutz solle man mit dieser undankbaren Aufgabe nicht allein lassen.

 

Wie zum Beweis schimpft eine Hundebesitzerin kurz darauf im Naturschutzgebiet „Zugmantel-Bandholz“ lauthals drauflos als sie gebeten wird, ihren Hund anzuleinen.

Tatsächlich sind die Raritäten der Sanddünen wenig spektakulär und oft erst bei genauem Hinsehen zu entdecken. Baumann zeigt das winzige Sand-Vergissmeinnicht und das Frühlings-Hungerblümchen, die früh im Jahr blühen, die trocken-heiße Jahreszeit überdauern und sich so an die extremen Standortbedingungen angepasst haben.

 

Zu sehen ist auch die Graue Zackenmütze, die am Stuttgarter Neckartor als Mooswand eingesetzt wird um den Feinstaub aus der dreckigen Luft zu filtern. Zahlreiche kleine Wildbienen verschiedener Arten fliegen herum oder verschwinden in unterirdischen Gängen im Sandboden.

Am Hardtbach weist Naturschutzwart Peter Weiser darauf hin, dass man hier im Sommer mit etwas Geduld die seltene Libellenart Grüne Flussjungfer beobachten kann.

Die größte Fraktion im Landtag habe sich den Naturschutz auf die Fahnen geschrieben, versichert Staatssekretär Baumann. Nachdem die Naturschutzverwaltung lange ausgedünnt worden sei, habe sie 255 neue Stellen geschaffen. Doch ohne die ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten und

Naturschutzwarte gehe es nicht.

 

Baumann geht auch ein auf den Streit um die L 600 bei Sandhausen-Bruchhausen und das als Ersatzausgleichsmaßnahme geplante Naturschutzgebiet am Brühlweg. Hier werde auf rund 30 Hektar je zur Hälfte lichter Kiefernwald und Sandrasen entstehen. Da die offenen Bereiche nicht größer als

ein Hektar sein dürfen entstehe eine mosaikartige Landschaft. „Ich gehe davon aus, dass in Kürze das Naturschutzgebiet ausgewiesen wird“, sagt er. Das neue Sandbiotop zwischen Pferdstriebdüne und Zugmantel-Bandholz soll für Austausch zwischen den kleinen Populationen sorgen, sagt Baumann und ergänzt: „Wir wollen Isolation verhindern, denn von Königshäusern und Pharaonen wissen wir: Inzucht

ist nicht gut.“

 

Sabine Hebbelmann



„Psychologische Besucherlenkung“

Der Zaun, der beidseits des Weges entlang der Sandrasengebiete im Naturschutzgebiet Pflege Schönau-Galgenbuckel verlief, war schon lange morsch und teilweise kaputt gewesen – ein Ärgernis für viele Spaziergänger. Nun hat das Regierungspräsidium den alten Zaun entfernen lassen. Ersetzt wurde er durch einen Holm auf Kniehöhe, der nur auf einer Seite des Weges und etwas davon abgerückt verläuft. Die „psychologische Besucherlenkung“ hatten Vertreter des Regierungspräsidiums bei einem Ortstermin Ende September angekündigt. Auch für die vergleichsweise hohen Pfosten hatten sie die Erklärung geliefert. Es lasse sich ein mobiler Elektrozaun einhängen, so dass eine spätere Beweidung des Gebietes ermöglicht wird. Auf lange Sicht sollen Schafe, Ziegen und Esel hier zeitweise als „Landschaftsgärtner“ eingesetzt werden und dafür sorgen, dass die artenreichen Sandrasen erhalten bleiben und sich nicht Brombeerbüsche, Robinien und andere unerwünschte Gewächse ausbreiten.

 

Angesichts der Tatsache, dass das Gebiet auf der anderen Seite des Weges zwischen Weg und Böschung nun frei zugänglich ist, appelliert Naturschutzwart Peter Weiser an das Verantwortungsbewusstsein der Besucher und daran, dass es sich bei dem Abschnitt zwischen Weg und Böschung um besonders wertvolle Sandrasen handelt. "Mindestens 95 Prozent der Vorkommen der Sand-Radmelde liegen dort", betont er. In Baden-Württemberg kommt die unscheinbare Pflanze nur noch in den Sandhäuser Dünen vor und gilt als vom Aussterben bedroht. "Auf diesem Teilbereich sind in der Vergangenheit auch am häufigsten und zahlreichsten Raupen des Wolfsmilchschwärmers, Imagines des Kleinen Perlmutterfalters sowie umherlaufende Männchen der Roten Röhrenspinne beobachtet worden", betont Weiser, der sich auch im NABU Walldorf-Sandhausen engagiert. Bisher seien die empfindlichen Arten durch den Zaun vor Trittschäden und Hundekot geschützt gewesen. Da dies nun nicht mehr gegeben ist erinnert der Naturschutzwart an die Regeln für Naturschutzgebiete: Auf den Wegen bleiben und Hunde anleinen.

 

Sabine Hebbelmann


Düne "Am Brühlweg" statt Rückbau der L 600

Sandhausen ist bekannt für seine eiszeitlichen Binnendünen und wertvollen Sandbiotope. Auf einem bewaldeten Dünenzug soll nun ein rund 32 ha großes Naturschutzgebiet neu ausgewiesen werden: die Düne „Am Brühlweg“. Diese und weitere Maßnahmen dienen zum Erhalt der Sandrasen und zum Ausgleich für den Nicht-Rückbau der L 600.

Im jahrzehntelangen Streit um Ausgleichsmaßnahmen für den Bau einer Umgehungsstraße hat der NABU sich maßgeblich dafür eingesetzt, dass dieser Kompromiss im Sinne von Natur und Mensch zustande gekommen ist.


Behutsamer Projektstart

Umsetzung der L 600 - Ersatzausgleichsmaßnahmen beginnt

 

Er war eher unspektakulär, der Start der Umsetzung des ökologischen Ausgleichskonzepts für den Bau der B 535 bei Heidelberg. Bei Nieselregen machten sich nach einer Zusammenkunft im Rathaus Vertreter der Oberen Naturschutzbehörde mit Bürgermeister Georg Kletti und Vertretern des Forstes und der Naturschutzverbände, darunter auch Karin Knitter-Lehmann vom NABU Walldorf-Sandhausen, auf den Weg ins Naturschutzgebiet „Pflege Schönau-Galgenbuckel“.

 

Der Kompromiss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages über Ersatzausgleichsmaßnahmen, die den Rückbau der L 600 ersetzen, war nach jahrelangem Streit und zwei Petitionen vom damaligen NABU-Landeschef Andre Baumann eingefädelt worden.

 

Projektleiter Jost Armbruster vom Regierungspräsidium erläuterte mit dem beauftragten Projektmanager Hanspeter Rausch die Maßnahmen, die am 28. November starten sollen. Damit sich Licht liebende Wald- und Wiesenarten ansiedeln können soll in den beiden Naturschutzgebieten „Pflege Schönau-Galgenbuckel“ und „Hirschacker und Dossenwald“ der Wald stellenweise aufgelichtet werden. Im Sandhäuser Schutzgebiet geht es um eine fußballfeldgroße Fläche, auf der in diesem Winter Bäume entnommen werden. Der Weg wird am Rand dieses Gebietes entlang geführt und wie bei der Pferdstriebdüne von einer Besucherlenkung flankiert.

 

Rausch wird dabei eng mit Förster Achim Freund und Forstbezirksleiter Sebastian Eick zusammenarbeiten. Es würden vor allem „kerzengerade Kiefern“, die sich gut vermarkten lassen, ausgewählt, so Rausch. Habitatbäume mit „knorzigem Wuchs“ sollen als Lebensraum dagegen stehen bleiben. Die Bäume werden mit dem Rückeschlepper mit Zangen abtransportiert damit möglichst viel Biomasse abgetragen wird.

 

„Wir sind froh, dass wir den Forst vor Ort haben“, sagte Armbruster und schickte hinterher, er sei sicher, dass etwas Gutes dabei entstehe. Nach der Entnahme der Bäume soll die Fläche so gepflegt werden, dass sich die bereits im Naturschutzgebiet vorkommenden seltenen und geschützten Pflanzenarten Sandstrohblume, Sand-Silberscharte und Ohrlöffel-Leimkraut ausbreiten können. Unerwünschte Pflanzen sollen auf der relativ kleinen Fläche sofort bekämpft werden, betonte er. Auf diese Weise könne sich innerhalb von rund zehn Jahren die typische Sandrasenvegetation einstellen.

 

Laut Armbruster wurde auf Wunsch der Gemeinde der angrenzende Trimm-dich-Pfad von der Maßnahme ausgenommen und bleibt nun so wie er ist.

 

Die vorgestellte Maßnahme ist einer von vier Bausteinen des Gesamtkonzeptes, das auf 20 Jahre angelegt ist. Über die Entwicklung der sogenannten „Brühlweg-Düne“ war bei dem Termin noch nichts Konkretes zu erfahren. Ganz allgemein sagte Armbruster, dass aus dem schwarzen Wald ein lichter offener Weißmoos-Kiefernwald mit Sandrasen werden soll. Auch von einer Verzahnung von Forst und Offenland sprach er.

 

Armbruster stellte in Aussicht, dass auch die weiteren Maßnahmen in enger Abstimmung mit der Gemeinde erfolgen werden. Das Regierungspräsidium werde die Öffentlichkeit mittels einer Projektseite und eines Newsletters über das Projekt auf dem Laufenden halten und auch Führungen anbieten.

 

Sabine Hebbelmann

 


Was passiert mit Wald und Dünen?

Am Brühlweg in Sandhausen wird unter Federführung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ein neues Naturschutzgebiet geplant. Es handelt sich bekanntlich um das Kernstück eines Ersatzausgleichskonzepts, das anstelle des ursprünglich geplanten Rückbaus der L 600 beschlossen wurde. Das Gebiet liegt bei den Naturschutzgebieten Pferdstriebdüne und Zugmantel-Bandholz und soll zwischen beiden eine Verbindung herstellen.

 

   Armin Jendrysik vom Nabu Rhein-Neckar-Odenwald bot bei einer Begehung einen Überblick über den Stand der Planungen. Demnach sollen bis 2025 im insgesamt 32 Hektar großen Naturschutzgebiet schrittweise sieben bis acht Hektar Sandrasenflächen und ebenso viel lichte Sandkiefernwälder entstehen. Weit mehr als die Hälfte der Bäume bleiben also stehen. Zumal - wie Jendrysik berichtete - sich die Rodungen auf Flächen kleiner als ein Hektar beschränken, da bei großflächigeren Rodungen für den Wald Ausgleichsflächen geschaffen werden müssten. Wie Mosaiksteinchen könne man sich das vorstellen, so der Geograph. Das mit der Planung beauftragte Walldorfer Umweltbüro Spang Fischer Natzschka GmbH habe versichert, dass die Maßnahmen zum Winter hin in Angriff genommen werden. Sie sollen dann schrittweise bis 2025 umgesetzt werden.

 

   Ähnlich wie auf der Düne Pferdstrieb, wo durch den Südteil ein Handlauf führt während der Nordteil komplett eingezäunt ist, soll es auch „Am Brühlweg“ eine Besucherlenkung geben. „Viele der seltenen Dünenpflanzen sind trittempfindlich“, erläuterte Jendrysik. Außerdem gebe es eine ganze Palette von Wildbienen, räuberischen Laufkäfern und seltenen Heuschrecken. Die Dünengebiete seien außerdem ein Eldorado für bodenbrütende Vögel. Doch würden diese zwei oder dreimal durch Spaziergänger oder freilaufende Hunde gestört, verließen sie ihr Gelege. Durch Einzäunung einzelner Flächen könne man diese Arten schützen. Denn der Besucherdruck durch die angrenzenden Wohngebiete sei groß, berichtete Jendrysik und wie zum Beweis kam eine Gruppe Jogger des Weges. Manfred Löscher, der als pensionierter Erdkundelehrer mit Schülern regelmäßig Pflegemaßnahmen auf den Dünen durchführt, wies auf die Bedeutung der Wege für die Freizeitnutzung hin, worauf Jendrysik ihn beruhigte: Diese könnten weiter wie gewohnt genutzt werden.

 

   Auch das Weidekonzept war Thema. Während aktuell auf den offenen Flächen durch jährliche Landschaftspflegemaßnahmen die Verbuschung zurückgedrängt werden muss, sollen künftig als vierbeinige Landschaftspfleger Schafe, Ziegen und eventuell auch ein paar Esel zum Einsatz kommen. Gedacht ist am eine große gemischte Herde von rund 300 Tieren, die auf den mageren Sandrasen der Region weiden und dabei mit ihrem Fell die Samen der seltenen Pflanzen verbreiten. Dabei sollen sie nur jeweils zwei Wochen im Jahr auf einer Teilfläche bleiben.

Doch es gilt noch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. Zum einen hängen nicht alle Sandgebiete zusammen, so dass die Tiere mit Hängern umgesetzt werden müssen. Für die Versorgung mit Wasser könnten Tankwagen benötigt werden. Und nahrhaft sind die kargen Sandrasen auch nicht gerade. „Für die Tiere sind das Hungerflächen; das ist, als würde man sie auf Diät setzen“, so Jendrysik. Doch „Wellnessflächen“, wo sie wieder aufgepäppelt werden können, fehlen bisher. Naturschutzwart Peter Weiser schlug die Walldorfer und Nußlocher Wiesen vor, da sie nährstoffreicher seien.

 

   Dass die Beweidung mit der Ausgleichsmaßnahme Brühlweg-Düne und dem Nabu-Projekt Lebensader Oberrhein zwei unabhängige Projekte mit eigener Finanzierung betreffe, mache die Sache nicht einfacher, bemerkte die Vorsitzende des Nabu Walldorf-Sandhausen Karin Knitter-Lehmann.

„Gibt es überhaupt einen Schäfer, der bereit ist, all das für wenig Geld zu leisten?“, fragte Löscher. Hobbyschäfer Onno von der Emde habe sich bereit erklärt, doch man brauche jemanden, der das ganze Projektgebiet aus einer Hand betreut, so Jendrysik. Man sei noch auf der Suche.


Umsetzung der Alternativplanung zum Rückbau der L 600 gestartet

Regierungspräsidentin Nicolette Kressl hat am Mittwoch, 16. März, den Startschuss zur Umsetzung der Alternativplanung für den Rückbau der ehemaligen L 600 gegeben. Bei einem ersten „Jour fixe“ im Rathaus von Sandhausen trafen sich Vertreter der betroffenen Kommunen, der Naturschutz- und der Forstverwaltung und der Naturschutzverbände.

„Sehr wichtig ist uns eine transparente und gute Information der Öffentlichkeit“, betonte Nicolette Kressl. Mit dem „Jour fixe“ solle die partnerschaftliche Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Maßnahmen fortgeführt und vertieft werden, so die Regierungspräsidentin.

Dr. Jost Armbruster vom Referat Naturschutz und Landschaftspflege des Regierungspräsidiums Karlsruhe, der das Projekt koordiniert, stellte die vier Module der Alternativplanung vor. Es handelt sich um Maßnahmen am Galgenbuckel bei Sandhausen, am Hirschacker in Schwetzingen und in der Umgebung der B 535 auf Heidelberger Gebiet. Größte vorgesehene Maßnahme ist die Auflichtung und Entwicklung von Sandrasen an der Sandhausener Düne am Brühlweg. Vorbereitende Arbeiten für die Unterschutzstellung dieses Gebiets laufen bereits. Die Öffentlichkeit wird vor und während der Umsetzung konkreter Maßnahmen und selbstverständlich auch begleitend zum Schutzgebietsverfahren informiert und einbezogen, lautet die Zusage aus Karlsruhe.

Im Anschluss an die Diskussion besuchten die Teilnehmer das bestehende Naturschutzgebiet „Sandhausener Düne – Pferdstrieb“. Im Südteil dieses Naturschutzgebietes kann man sehen, wie sich die Düne am Brühlweg in den kommenden Jahren entwickeln soll.

Hintergrund:


Anlass für den geplanten Rückbau der L 600 bei Sandhausen war der Neubau der B 535. Der Planfeststellungsbeschluss für die  B 535 vom 13. Juli 1989 wurde 1997 bestandskräftig. Die Straße wurde am 4. Mai 2000 dem Verkehr übergeben, der Bund als Vorhabenträger war damit verpflichtet, den Rückbau der L 600 vorzunehmen. Die Gemeinde Sandhausen hingegen wollte diese Straße erhalten und stattdessen ein alternatives Ausgleichskonzept erarbeiten. Mit Unterstützung des Regierungspräsidiums wurde 2010 eine solche Ausgleichsplanung vorgelegt. Gegen diese wurde jedoch eine von zahlreichen Bürgern unterstützte Petition beim Petitionsausschuss des Landtages eingereicht, zugleich mit einer Petition der Naturschutzverbände, die das Alternativkonzept unterstützten. Auf Vorschlag des NABU wurde nach diesem erneuten Stillstand ein neuer Kompromiss gefunden und ein modifiziertes Ausgleichskonzept erarbeitet, das auch nach Empfehlung des Petitionsausschusses weiterverfolgt werden sollte.

Nach langen Verhandlungen konnte im Sommer 2015 ein unter der Federführung des Regierungspräsidiums Karlsruhe erarbeiteter öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen den beteiligten Gemeinden, der Straßenbauverwaltung und dem Regierungspräsidium abgeschlossen werden, der die Umsetzung dieses letzten Alternativkonzepts regelt. Daraufhin hat der Landtag mit Beschluss vom 18.2.2016 das anhängige Petitionsverfahren abgeschlossen und die Petition für erledigt erklärt.

 

Quelle: Regierungspräsidium Karlsruhe

 

 

Andre Baumann - damals noch als NABU-Landesvorsitzender - zeigt die bewaldete "Düne Brühlweg"